Sind Strommasten bald Geschichte?

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Mit feuchten Hanfschnüren an Bohnenstangen hochgezogen, bastelte der Physiker Stephen Gray im Juli 1729 in in Canterbury die erste Freileitung der Welt.

Er baute diese gewagte Konstruktion, um zu zeigen, dass man Elektrizität übertragen kann. Die erste praktische Anwendung von Freileitungen diente aber der Telegrafie. Im Volksmund werden hölzerne Masten heute noch Telegraphenmasten genannt.

Zum ersten Mal Strom übertragen mit einer Freileitung wurde 1882 zwischen München und Miesbach. Oskar von Miller und der Franzose Marcel Deprez übertrugen Gleichstrom mit einer Spannung von 2 kV.

Bei der internationalen Elektrizitätsausstellung 1891 in Frankfurt wurde die erste Drehstromfreileitung mit 10 kV in Betrieb genommen. Über die 176 Kilometer zwischen Lauffen am Neckar und Frankfurt am Main wurde die Energie transportiert.

Erst im Jahre 1905 wurde zwischen Moosburg und München die erste reguläre Freileitung mit 50 kV Betriebsspannung in Betrieb genommen. Bis zur Rekord-Freileitung, eine Drehstromleitung mit 1.150 kV, zwischen Elektrostal und dem Kraftwerk Ekibastus in Russland, vergingen weitere 80 Jahre.

Überboten wurde diese technische Höchstleistung nur noch von einer 500-kV-Doppelleitung in Japan 1999, für eine Betriebsspannung von 1100 kV ausgelegt.

Die Anforderungen an die Freileitungen haben sich im Laufe der Zeit immer mehr erhöht. Eigentlich sind Freileitungen eine recht gefährliche Angelegenheit. Die spannungsführenden Kabel im Freien sind nur durch die umgebende Luft voneinander und vom Erdboden isoliert. Es gibt auch isolierte Freileitungen, die von einem eingebetteten Tragseil aus Stahl getragen werden.

Um das Risiko für die Menschen zu minimieren, hat man genaue Vorschriften für Freileitungen beschlossen. Bestimmte Mindestabstände von Erdboden, Verkehrswegen und Gebäuden hat der Staat in Gesetze und Vorschriften gegossen.

Freileitungen machen heute noch einen Großteil des Verbundnetzes aus. Sie ermöglichen eine verlustarme Übertragung mit 380-kV-Höchstspannung und sind damit Garant für eine zuverlässige Energieversorgung. Überwiegend im Mittel- und Niederspannungsnetz sowie in dicht bebauten Gebieten mit hohem Strombedarf werden Freileitungen für die Energieverteilung eingesetzt.

Aber wie es aussieht haben Freileitungen immer häufiger ausgedient. Sie werden langsam durch Erdkabel ersetzt. Der Energieversorger Schleswig-Holstein Netz AG beispielsweise verlegt seine 30-Kilovolt-Freileitung unter die Erde. Bis zum Abschluss der Arbeiten im Frühjahr 2017 werden 49 Mittelspannungsmasten Geschichte sein und abgebaut.

Die Erdarbeiten konnten bis dato ohne große Verkehrsbehinderungen ausgeführt werden. Die Kabel haben neben der optischen Verbesserung auch einige technische Vorzüge. Gegen Blitzschlag, Sturm, Vereisung und umfallende Bäume sind die Kabel in der Erde auf jeden Fall geschützt.

Ohne Gegenstimmen wird auch eine Erdverkabelung nicht ohne weiteres von allen akzeptiert. Bei der Verlegung eines Erdkabels muss der Boden ausgetauscht werden. Anschließend müssen die Kabeltrassen nicht nur von tief wurzelnden Pflanzen freigehalten werden. Sie dürfen auch anderweitig nicht bebaut werden. Erdkabel strahlen Wärme ab. Das nimmt Einfluss auf die Bodenfeuchtigkeit. Ohne Bauten über der Erde kommen auch Erdkabel nicht aus. Muffenbauwerke in Abständen von 500 bis 700 Metern und Kompensationseinrichtungen entlang der Kabelstrecke sind nötig. Auch noch nicht geklärt ist, wie sich der Zersetzungsprozess der Kunststoff-Kabelummantelung auf das Erdreich auswirkt.